.

Ausstellung von Haylor Vogt "Reflexionen"
vom 18.oktober bis 27.November 2004


Ende der 60er Jahre hatte Haylor, - das war übrigens der Kosename, den der Vater ihr gegenüber gebrauchte - , die Gelegenheit sich an einer Malschule, aus der später die Kunstakademie Esslingen wurde, einzuschreiben. Dort erlernte sie die altmeisterliche Technik des Malens mit den Malmitteln des Dr.Jaques Maroger. Das öffnete ihr ganz weit das Fenster zu den „Alten Meistern“.
Und aus diesem Können entstanden nach dem Motto:
„Saturierte Gedanken sind die Totengräber der Phantasie“
eine große Anzahl surrealistischer Bilder, 1973 mit einem 1. Preis in der bekannten Galerie der Firma Eisenmann in Böblingen ausgezeichnet. Danach folgte dann die lange Phase impressionistischer Malerei.
Haylor hat das Handwerk des Malens in vielen Techniken studiert, sich angeeignet und auch ausgeübt. Dieses Können befähigte Sie später, ihr Wissen an Studierende weiterzugeben und es bewahrte Sie gleichzeitig davor, über verstiegene Theorien zu referieren. Am Leitseil ihres Oeuvre ist also festgemacht: Surrealismus, Impressionismus, Monotypien und der Übergang zu ihrer heutigen Interpretation, der reduzierten Form. Ihre Kindheit verbrachte sie in Konstanz - und zu einem der Fixpunkte Ihrer malerischen Phantasie wurde der Bodensee, dessen Fläche sich in seiner Färbung im breitesten Glanze präsentieren kann - um dann urplötzlich in eine bedrohliche Stimmung umzuschlagen. Der See ist immer in mir, bekennt sie. Das erklärt, weshalb auch heute einige Seeinspirationen mit ausgestellt sind.
Haylor lässt sich in kein Schema pressen, die künstlerische Freiheit geht ihr über Alles. Sie will weder modisch auf der Höhe, noch trendy sein. Dem sogenannten Zeitgeist hinterher hecheln kam für sie noch nie in Frage. August Everding sagte dazu: Wer den Zeitgeist heiratet, wird bald Witwer sein. Ich persönlich würde Haylor in ihrer schöpferischen Tätigkeit als eine ideologiefreie Malerin bezeichnen, die sich intensiv mit der Tradition der Moderne auseinandersetzt. Das aktuelle Denken stellt bei Ihr den Anspruch. Jedes ihrer Bilder ist stark mit Ihrem Inneren, mit ihrer Persönlichkeit verbunden. Dem Spiel der Formen geht sie nach. Wirkliches wird in Unwirkliches verwandelt. Gegenstandsloses spielt mit Figürlichem. Selten sind Haylors Arbeiten „rein abstrakt“. Jedoch die Verschmelzung von Abstraktem mit noch Figürlichem, das fasziniert sie außerordentlich. Goethe forderte vom Künstler den Mut zum Unbekannten, also das Betreten eines noch zu gestaltenden Raumes, was mit einer kreativen Gratwanderung zwischen noch Erkennbarem und Abstraktem vergleichbar ist. Eindrücke, Gefühle und Erinnerungen, also die persönliche Geschichte werden bei Haylor zu malerischen Reflexionen. Immer malt sie die Idee und nie die Wirklichkeit. Die vorschnelle Konkretisierung ist ihr ein Gräuel. Ihre Phantasie entwickelt sich an der Staffelei. Die naturnahe Interpretation wird abgelöst und abstrahiert. Der Wille zur Konzentration auf das Wesentliche ist ihr angestrebtes Ziel. Sie müht sich, das Dargestellte in seiner Formgebung auf Chiffren zu reduzieren und zu verdichten. Weniger an Gegenstand bedeutet ihr ein Mehr an Freiraum, so soll es auch für Sie als Betrachter sein. Die Farbklänge ihrer Bilder basieren auf ausgeprägten Kontrasten. Von zart bis kräftig, ja sogar der starke komplementäre Gegensatz ist vorhanden. Und diese üppige Farbfülle wird durch Pastelltöne gemildert, verfeinert und wertvoller gemacht.
Paul Klee notierte 1908 in sein Tagebuch: „Man will mehr sagen als die Natur - und macht den unmöglichen Fehler, es mit mehr Mitteln ausdrücken zu wollen, anstatt mit weniger Mitteln.“
Ich zitiere weiter: „Das Licht und die rationellen Formen liegen im Kampf. Das Licht bringt sie in Bewegung, biegt gerade, ovalisiert Parallelen, dreht Kreise in die Zwischenräume, macht Zwischenräume aktiv. Daher die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit.“
Was Sie sehr verehrte Anwesende hier sehen, ist die Form als Ausdrucksträger Ihrer eigenen Wahrnehmung. Leider können wir alle immer nur das aufnehmen, was uns in der einen oder anderen Gestalt schon geläufig ist, wofür wir bereits Vorbilder besitzen – so wie wir eine Sprache nur dann richtig verstehen, wenn wir deren Wortschatz und Grammatik beherrschen. Erst dann lüftet sich das Geheimnis. Auch der Künstler malt das was ihn bewegt, es bedeutet für ihn immer, sich an etwas anzunähern was gerade im Entstehen ist und.....malen beginnt immer mit einer Eingebung.
Enden möchte ich mit einer für Karl Valentin typischen Feststellung, die sowohl auf die Kreativen als auch auf Sie, die Betrachter zutrifft: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.

Einführungsrede von Gerhard Vogt

Eberhard Strobel begleitete die Vernissage am Flügel